Besuchen Sie den "Folkbrachtstein"

(und schauen Sie unten am Ende des Kapitels nach,
was es bei uns im Boden aus alter Zeit noch zu entdecken gibt)

Errichtet zum 1111. Jubiläum von Mühlhausen
Am 4. August 2001 weihte der Heimatverein unter Mitwirkung des "Sängerbundes" Mühlhausen-Uelzen in Mühlhausen am so genannten 1. Scheidtweg (zwischen Heerener Straße und Nordlünern) den "Folkbrachtstein" ein. Er soll an die erste Erwähnung Mühlhausens vor 1111 Jahren erinnern. Gleichzeitig soll damit des ersten namentlich bekannten Einwohners von Mühlhausen gedacht werden.

Beide sind nämlich in einem Verzeichnis der einst berühmten Benediktiner-Abtei (Essen-)Werden angegeben, dem lateinisch abgefassten "ältesten Urbar". Darin sind die der Abtei gehörenden Grundstücke aufgeführt und die Abgaben, die die Pächter jährlich zu erbringen hatten. Der den Brukterergau einschließlich Mühlhausen betreffende Teil des Urbar ist um das Jahr 890 entstanden. Bezüglich Mühlhausen lautet die Eintragung, übersetzt ins Deutsche:

Im Brukterergau im Dorf Mulinhusun hat Folkbracht für eine halbe Hufe jährlich 10 Scheffel Gerste, 10 Scheffel Roggen, 8 Denare Heerschilling und 2 Scheffel Mehl zu leisten. Dieses zum Kauf von Salz.

Der Name Mühlhausen bedeutete im Althochdeutschen genau dasselbe wie heute (mulin = Mühle, husun = hausen). Folkbracht war damals kein ungewöhnlicher Name (Folk = Volk, bracht = glänzend); er lebt heute fort in den Vornamen Volbrecht und Volkbert. Haus- oder Familiennamen kamen erst einige Jahrhunderte später hinzu.

Die Eintragung stellt gleichzeitig - wie der Heimatverein vor einigen Jahren herausgefunden hat - die erste urkundliche Erwähnung einer Wassermühle in Westfalen dar (Windmühlen kamen Jahrhunderte später auf). Erst als um 775/776 die Franken unter Karl dem Großen unser damals sächsisches Gebiet erobert hatten, begann man mit der Errichtung von Wassermühlen. Menschen haben aber im Gebiet Mühlhausen wie in den anderen Hellwegdörfern schon um Christi Geburt gelebt, wie vor allem 2013 neue Funde im Indu-Park belegten.

Die halbe Hufe (wahrscheinlich etwa 3,5 Hektar), für die Folkbracht - offenbar der Pächter - die Abgaben an die Abtei zu entrichten hatte, lag mit ziemlicher Sicherheit am so genannten 1. Scheidtweg nördlich des Mühlhauser Ortskerns, wo nunmehr der Gedenkstein errichtet ist. Er steht auf einem Grundstück des Hofes Schulze-Wiehenbrauck, der Ende des 15. Jahrhunderts als "Weddebroick van der Hove toe Molhusen" der Abtei Werden abgabepflichtig war. Wie die Werdener Unterlagen ergeben, war mit größter Wahrscheinlichkeit die halbe Hufe des Folkbracht Teil dieses Hofes. Die ursprüngliche Hofstelle Schulze-Wiehenbrauck, die 1798 abgebrochen und etwa 500 m östlich nach Nordlünern verlegt wurde, befand sich ganz in der Nähe des Gedenksteins. Im Einzelnen ist dies in der Festschrift "Mühlhausen/Uelzen feiert – 1100 Jahre Mühlhausen – 890–1990" dargelegt.
Bei der Einweihung des Steins wurde am Sockel des Gedenksteins eine Messingplakette mit der Inschrift angebracht:

Folkbracht hieß
der erste namentlich bekannte Einwohner Mühlhausens.
Sein Hof lag wahrscheinlich hier. Er und das Dorf Mulinhusun
sind erstmals um 890 in einem Abgabenregister
der Abtei (Essen-)Werden erwähnt.
Errichtet 2001 zum 1111. Jubiläum
Heimatverein Mühlhausen/Uelzen

Gestaltet wurde der 160 cm hohe Gedenkstein aus Ruhrsandstein von der Bildhauerin Rosemarie Zensen, die 2006 verstorben ist (Inschrift unten rechts: "R. Zensen Bönen"). Der Stein zeigt die historischen Beziehungen auf: Den Kopf des Folkbracht, von der Künstlerin einer römischen Münze mit dem Kopf des Kaisers Valentinianus I. (364–375 n. Chr.) nachempfunden, die hier 1951 von dem Ehepaar Marawske aus der Heerener Straße gefunden wurde, Mühle und Häusergiebel zur Darstellung von "Mühlhausen". Dann Feldfrüchte zur Versinnbildlichung der Landwirtschaft und Abgaben, unterschiedlich breite Linien zur Andeutung der Quellen und des Mühlbachs, schließlich zur ersten Erwähnung die Inschrift "Mulinhusun um 890".

Als weiterer Ausdruck der geschichtlichen Kontinuität wurden am Gedenkstein zwei junge Eichen gepflanzt, die Karl-Heinz Albrecht aus Mühlhausen aus Eicheln der alten Eichenbäume am 750 m weiter nördlich gelegenen Spanierkampweg gezogen hatte.

Der Folkbrachtstein am 1. Scheidtweg
zwischen Mühlhausen und Nordlünern.
(Foto: Wolfgang Werth - DVD 1.8.1)
Foto aus der DVD des Heimatvereins "Unna-Mühlhausen/Uelzen 2006/2007".


Der Folkbrachtstein ist auch abgebildet und beschrieben in der 2010 erschienenen Broschüre "Alta Ripa rettete Rom auch nicht mehr ..." von Wolfgang Schneider aus Altrip. Der am Rhein südlich von Ludwigshafen gelegene Ort wurde nämlich im Jahre 369 von Kaiser Valentinianus gegründet. Danach steht die einzige weitere Statue mit dem Bildnis des Kaisers in Barletta in Süditalien. Sie ist über 5 m hoch, stammt aus dem 4./5. Jh. und war ursprünglich im heutigen Istanbul aufgestellt.


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